Mittwoch, 5. August 2015

Der vorletzte Blogeintrag

Erstens: Es tut mir schrecklich leid, dass ich schon wieder so lang keine Einträge gemacht habe. Aber die letzten Monate war ich eigentlich die ganze Zeit im Krankenhaus und habe sehr oft Nachtschichten gemacht. Dann war ich 3 Wochen mit meinen Eltern reisen und so vergeht die Zeit...

Also fangen wir mal an, das Geschehene aufzuarbeiten.
Als letztes war ich in der Curación, davon habe ich euch ja schon erzählt. Dann war ich einen Monat auf der Station der Inneren Medizin und noch einen Monat wieder in der Chirurgie.
Die Arbeit dort hat unglaublich Spaß gemacht und ich habe mal wieder viel dazu gelernt!
Und im März kam dann schon meine Familie!
Als ich sie vom Flughafen abgeholt habe – das war ein unglaubliches Gefühl! Ich hatte sie so lang nicht mehr gesehen. Einer der glücklichsten Momente in meinem Leben kann ich euch sagen!
Und dann ging unsere Reise auch schon los! Zuerst fuhren wir nach Samaipata um dort im Amboro Nationalpark ein paar Tage zu verbringen. Wir blieben in einem Refugio, welches wirklich mitten im Nirgendwo lag und wo man von elektrischem Licht noch nichts gehört hatte. Aber es war wunderschön!
Dann ging's weiter ins Zentrum von Samaipata wo wir einen unglaublichen Farnwald besichtigen durften, echt erstaunlich, das Farne so alt werden können!
Am nächsten Tag ging es auf nach Sucre – die weiße Stadt. Dort konnten sich meine Eltern erst mal akklimatisieren, denn wir hatten noch einige andere Dinge geplant!
In Sucre gibt es ein Museum in dem man Dinosaurier-Spuren betrachten kann. War ganz nett aber der Guide hatte bei weitem mehr Elan als wir alle zusammen! :D
Nach ein paar schönen Tagen in Sucre fuhren wir weiter über Potosí nach Uyuni. In Potosí besuchten Mama und Jakob noch die Mienen, Papa und ich jedoch hielten uns nett lächelnd in möglichstem großen Abstand von dieser Angelegenheit!
Wir verbrachten eine Woche im Salar, den ich ja schon kannte und besuchten die verschiedenen Lagunen. Meine Familie die die Höhen nicht gewöhnt war, hatte ab und an einige Problemchen, doch irgendwie schafften wir es durch die Salzwüste!
Dann ging es weiter nach La Paz wo wir den Hexenmarkt besuchten und natürlich um unser Leben shoppten und schon ging es weiter mach Beni, ein nördlich gelegener Teil von Bolivien. Dort besuchten wir Trinidad und wurden zu einem Hausboot gebracht, welches auf dem Fluss Mamorei auf und ab fuhr. Auf diesem Boot verbrachten wir eine Woche, die meiner Meinung nach die beste des ganzen Urlaubs war!
Wir durften uns mit Schwimmreifen durch den Amazonas treiben lassen, haben Kaimane mitten in der Nacht gesucht, Ausritte auf Pferden gemacht, Kakaobohnen geerntet und wilde Touren durch das Flussbett des Amazonas gemacht, Affen und rosa Flussdelfine beobachtet und tausend Dinge mehr! Es war einfach wunderschön!
Der Abschied von meiner Familie war schwer aber meine Mitbewohner waren immer an meiner Seite.
Und dann ging es zurück ins Krankenhaus!
Ich fing an in der Consulta Externa zu arbeiten. Das ist ein Bereich des Krankenhauses, wo postoperative Patienten kontrolliert werden und jederzeit Personen kommen dürfen, die medizinische Sprechstunden wünschen. Ich war dort in der Pädiatrie und habe dort mit verschiedenen Ärzten zusammen gearbeitet, Kinder untersucht, Rezepte geschrieben, Laborberichte ausgefüllt und so weiter. Er brachte mir vieles bei und lernte mit mir zusammen. Nach einem Monat kehrte ich zurück in die Notaufnahme, weil es mir einfach am meisten Spaß gemacht hatte! Dort wechselte ich die letzten Monate immer zwischen der Wundversorgung und Observation.
Es war eine wirklich intensive Zeit in der ich nochmal mehr machen durfte als zuvor. Ich hatte in der Observation meine eigenen Patienten und musste diese versorgen. In der Wundversorgug fungierte ich als vollwertiger Pjler, und nähte, säuberte und versorgte alle Arten von Wunden.
Mehrmals begab ich mich mit dem Krankenwagen zu anderen Krankenhäusern um Patienten zu verlegen, oder zu verschiedenen Untersuchungen zu begleiten, die in unserem Krankenhaus nicht durchgeführt werden konnten.
Auch durfte ich noch mehrmals mit in den OP um bei verschiedenen Notoperationen zuzusehen.
Die Zeit war unglaublich und genoss jede Sekunde.
Auch wenn es manchen merkwürdig vorkommen mag ich war im 7. Himmel!
Ich liebte liebte liebte meine Arbeit dort und das Krankenhaus war wie eine zweite oder eben dritte Familie für mich geworden. Ich kann gar nicht in Worten beschreiben warum und wieso und wenn ich die Gründe versuchen würde aufzuzählen, dann müsstet ihr euch auf etwas jahrzehntelang dauerndes gefasst machen.
Die Endzeit war deswegen so intensiv, da man einfach alle Leute kannte und die Sprache konnte und die Abläufe kannte. Leute trauten einem beinahe alles zu, Auch Reanimationen!!!
Man war einfach total drin und umso schlimmer wurde der Abschied...
Am 14. Juli 2015 um 14.50 sollte mein Jahr vorbei sein.
Ich muss sagen in den letzten zwei Wochen wünschte ich mir nichts mehr als einfach endlich nach Hause zu kommen. Ein Jahr kann schon sehr lang sein. Das Land ging mir auf den Keks.
Immer noch hatten wir Ratten, Mäuse und Kakerlaken in der Küche, und der Abfluss hatte ein Eigenleben entwickelt. Die Klamotten schimmelten nach wie vor und es regnete seit gefühlten 3 Monaten. Und es war kalt! 18 Grad!
Nur das Krankenhaus konnte das entschädigen.
Doch je näher der tatsächliche Abschied rückte, desto mulmiger wurde mir. Wie konnte dieses Jahr so schnell vorbei gehen?! Hatte ich schon alles gesehen?! Wie ist es so zurückzukommen?
Nach einer kleinen Abschiedsfeier wurde klar, der Abschied würde wer weiß nicht so einfach werden. Die meisten kennen mich ja ganz gut, und das ich eine kleine sensible Ader hab ist nur allzu gut bekannt. Als die Sonne am Tag des Abschieds aufging war ich schon fertig mit den Nerven. Wie sollte ich mich von so vielen Menschen verabschieden die mir so unendlich wichtig geworden waren?! Wie sollte ich einfach alles hinter mir lassen? Natürlich ging das nicht ohne eine halbe Regenzeit hervorzurufen. Ich heulte wie ein Schlosshund um ehrlich zu sein. Als ich mit Klara das Krankenhaus verließ machten wir uns mit einem komischen Gefühl auf zum Bus. Nie wieder würden wir diesen Weg entlang gehen. Manchen Menschen würden wir nie wieder über den Weg laufen. Ein merkwürdiges Gefühl. Oje, schon darüber zu schreiben fällt mir schwer.
Am Abreisetag wachte ich um halb 6 auf. Ich konnte keine Minute mehr ruhig liegen. Ich setzte mir nach draußen in unseren Hof und sah zu wie die Sonne langsam aufging. Den anderen erging es nicht anders. Irgendwann saßen wir zu viert nebeneinander, alle mit einem unwohlem Gefühl im Magen. Wie um Himmels willen konnte ein Jahr so schnell vorbei gehen. Viki war übrigens schon am 7. geflogen...
Um 11 Uhr stand Nacira vor unserer Tür mit Melissa und Pablo, zwei Freunden von uns. Sie brachten uns zum Flughafen. Ein letzter Blick wanderte durch das leergeräumte Zimmer...
Es war vorbei.
Der Weg zum Flughafen zog sich ewig und war doch viel zu schnell vorbei.
Am Schalter mussten wir alle nochmal zittern, denn das Maximalgewicht hatten wir alle leicht überschritten...Aber ganz ehrlich! Wie soll man sich nach 1 JAHR auf 23 kg beschränken?! Frechheit!
Als auch das geschafft war hieß es nur noch warten. Warten ist echt schlimm wenn man nicht weiß worauf. Einerseits freute ich mich wie irre meine Familie und meine Freunde wiederzusehen. Andereits: wie konnte ich das hier alles zurücklassen. Ich hatte mir ein eigenes Leben aufgebaut und als es am schönsten war ließ ich es einfach liegen.
Den Abschied werde ich jetzt ganz bewusst nicht beschrieben sonst müsst ihr gleich auch alle heulen. Es war nicht schön!
Der Flug nach Deutschland war wie ein Zeitraffer, indem das ganze Jahr noch einmal an mir vorbei zog. Wenn man noch im Flugzeug ist, dann ist alles noch so surreal. Aber sobald wir in Frankfurt landeten war es vorbei. Das Jahr war vorbei, wir waren wieder zurück. Tina und ich fuhren mit dem Zug nach Köln und wurden dort von unseren Familien und Freunden abgeholt. Trauer mischte sich mit Freude und letztendlich überwog letztere. Meine Familie hatte ich ja erst letztens gesehen, aber als ich meine Freunde sah konnte ich mich nicht mehr halten. Sie in die Arme zu nehmen war das schönste was es gab! Man hatte ich sie vermisst. Auch als wir uns stritten welchen Weg wir zurück nach Aachen nehmen würden, konnte ich nur schmunzeln. Man o man hatte ich die alle vermisst.
Zuhause angekommen war eigentlich alles wie gewohnt...zumindest fast alles.
Mein altes Zimmer, mein altes Bad, mein altes Zuhause. War es noch mein Zuhause?
Wie kann ich einfach zurück kommen? Wie kann ich einfach zurückkommen nach allem was ich erlebt und gesehen habe.
Deutschland und Bolivien – zwei Länder die unterschiedlicher nicht sein können. Ich bin jetzt seid zwei Wochen wieder zurück. Angekommen bin ich immer noch nicht. Irgendwie fühlt sich alles nicht ganz richtig an. Man ist zwar hier und nimmt alles wahr, aber ein Teil befindet sich immer noch woanders. Es wird auch noch dauern bis ich wieder voll am Start bin. Ein Jahr ist lang. Sehr lang.
Aber das wird schon! Übernächste Woche kommt noch das Nachbereitungsseminar und dann ist es endgültig vorbei...Aber daran wollen wir noch nicht denken.
Bis Bald!
Eure Clara







Refugio





Samaipata










Surce



Potosí



Salar

























Beni















Meine Organisation?!















Begrüßungsfrühstück in der WG


Refugio


Sucre



salar




La Paz

Beni







Die Krankenhausbilder folgen morgen! :)


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