Mittwoch, 18. Februar 2015

Weihnachten

Das erste Weihnachten ohne Familie. Das erste Weihnachten auf einem anderen Kontinent. Das erste Weihnachten mit 30 Grad. Irgendwie alles sehr unweihnachtlich. Aber trotzdem ist dieses Weihnachten eines der schönsten meines Lebens gewesen.
Es begann aber alles natürlich ganz anders....
Einen Monat vor Weihnachten, begannen meine WG und ich unseren WG-internen Advendskalender zu basteln. Das war eine ganz schöne Aufgabe mit losen und raten und viel Diskutiererei, doch letztendlich haben wir es doch geschafft und er war echt sehr cool. Der geschickte Weihnachtschmuck (Danke Anja!) wurde aufgehängt und noch mit ein wenig Bastelei unsere seits verstärkt. Unsere Küche glich einem Winter-Wunderland, doch nichts im Vergleich zu dem was die Bolivianer an Geschützen ausfuhren. Wo wir an Weihnachten eher in tannengrüner, dunkelroter oder goldiger Stimmung sind, haben die Bolivianer es sehr mit Neon und Glitzer. Alles muss überschüttet werden von Gierladen und knallbunten Lichterketten. Alles was nicht leuchtet ist schlecht! Die Stadt wurde über Nacht plötzlich in ein glitzerndes, funkelndes, blinkendes, buntes und plüschiges Ungehäuer verwandelt. (Auch das Krankenhaus blieb davon nicht verschont) Doch trotz all dieser Bemühungen wurde bei uns die Weihnachtstimmung nicht wirklich geweckt. Auch der ausbleibende Stress war nicht zum Aushalten, denn man musste nicht wie sonst 100 und 1 Geschenke kaufen und das alles noch bloß rechtzeitig, sondern in der WG wichtelten wir und wir brauchten alle nur ein einziges! Doch was macht man wenn man nicht in Geschenkestress kommen kann?! Genau! Man sucht sich wo anders Stress, denn Weihnachten ohne Stress das geht ja nicht. Also machten wir uns an die Planung des Heiligen Abends. Freiwillige aus Camiri und La Paz würden über Weihnachten in Santa Cruz sein und wir wollten es mit ihnen feiern. Doch auch die andere WG aus Santa Cruz sollte dabei sein, und nicht zu vergessen unsere Freunde aus dem Krankenhaus. Aber wie so einen Manschaft vereinen?! Leichter gesagt als getan. Wir diskutierten gut eine Woche lang wie und wo und wann, warum und überhaupt. Der andere WG aus Santa Cruz wurde es schließlich zu bunt und zwei von ihnen feierten in ihrer Arbeitsstelle im Heim. Das ging natürlich nicht ganz ohne großes Theater und Streit. "Warum denn?! Und wieso können wir denn nicht?" Oh man irgendwann hatte ich gar keine Lust mehr auf Weihnachten! Irgendwie waren alle schlecht drauf weil man es keinem recht machen konnte, und irgendwie hatte ich mir Weihnachten harmonischer vorgestellt....Das Essen hatten wir noch nicht mal in Angriff genommen! Währenddessen planten die Krankenhaus-Kollegen noch etwas ganz anderes aber dazu komme ich später noch. 
Einen ganzen Tag lang hing meine WG und ich über Chefkoch.de und suchten Rezepte wie die Irren. Alle Mütter in Deutschland wurden aktiviert sowie Tanten und Omas um die traditionellen Rezepte rauszurücken und wertvolle Tipps abzugeben. Irgendwann hatten wir unser 3-Gänge-Menü auf die Beine gestellt und unsere Laune besserte sich sichtlich. Man hätte es sich auch einfacher machen können aber daran dachten wir nicht mal im geringsten! Die Freiwilligen aus Camiri und La Paz waren endlich auch da und es gab ein freudiges Wiedersehen. 
Am 23. Dezember waren wir mit allen zusammen einkaufen. Wir teilten uns in zwei Mannschaften auf - die einen zum Supermarkt die anderen auf den normalen Markt. Jede Mannschaft hatte eine Liste und Backpacker und so ging's los. An diesem Abend war der Kühlschrank so voll wie ich ihn noch nie gesehen hab, es war eigentlich ein Wunder das er überhaut noch zugegangen ist! 
Und dann kam auch schon der 24. Dezember. Morgens düßte ich nochmal flott ins Krankenhaus und arbeitete bis 12. (Im Krankenhaus hatten sie sogar einen Weihnachtsmann der auf allen Stationen mal vorbei kam!) Wieder zu Hause begann das Chaos. Klara und ich hatten am Vortag alle Rezepte sorgfältig auf Zettel geschrieben und jeden davon mit einem weihnachtlichen Kracher versehen, so dass wir auch immer bei Laune bleiben würden. Hier einige Kostproben von Klara's und meiner lyrischen Kreativität!


Oh du fröhliche, oh du seelige gnadenbringende Gurkenheit 
(an der Gurkensalat)

Kling Glöckchen klingelingeling
Kling Glöckchen kling
Lass mich rein oh Ofen
Kalt ist es hier droßen
öffne mir die Geschmacksantennen 
lass mich nicht verbrennen  
(an den Braten) 

Den ganzen Tag wurde gekocht, gelacht, geschnibbelt, gehackt, gebacken, gerührt und was man noch so alles machen kann. Ich durfte noch ein kleines Weihnachtshighlight erfahren. Mein Handy was mir eines Tages leider ins Waschwasser gefallen war benimmt sich seid dem leider ein bisschen seltsam. Und mit seltsam meine ich es treibt mich in den Wahnsinn! So zum Beispiel auch an Weihnachten. Ich wollte mit meiner Familie skypen und just in diesem Moment stürzt es ab, und lässt sich nicht mehr erwecken. Wie Dornröschen in ihrem hundertjährigem Schlaf. Zornentbrannt hätte ich es am liebsten in den auf dem Herd köchelnden Rotkohl gepfeffert doch meine WG stand mir treu zur Seite. Densie lieh mir ihr Handy und so konnte ich neidisch beobachten wie meine Familie gemütlich bei mir zu Hause besammen saß und mir die Geschenke präsentierte. Es war wirklich schön sie alle nochmal zu sehen und doch wurde ich ein bisschen traurig, doch meine Companeros standen mir zur Seite und munterten mich ruck zuck wieder auf. Wir begannen mit der Vorspeise die aus einem Grünen Salat, einem Gurkensalat, geröstetem Baguette mit Öl und Spinatröllchen mit Käse und Blätterteig bestand. Es war zum niederknien lecker!
Es schien alles glatt zu laufen doch grade wenn man denkt alles ist supi da muss natürlich was dazwischen kommen. Zu unserem Unglück verabschiedete sich unsere Gasflasche und das mitten in den Vorbereitungen. Oh man das kann doch nicht sein! Zum Glück konnten wir unsere Besitzerein die allseits nur als „die Seniora“ bekannte Dame von einem Stock über uns fragen. Wir baten peinlich berührt um eine Ersatzflasche, die wir ihr natürlich gleich wieder bringen würden. Nachdem wir diese auch bekommen hatten stellte sich uns das Problem, dass die Gasflasche irgendwie nicht mehr richtig angeschlossen werden konnte. Das Gas kam nicht am Herd an. Zu dritt hingen Pia, ihr Freund Melvin und ich vor der blöden Flasche doch irgendwas stimmte nicht. Noch peinlicher berührt machten wir uns wieder auf zur Seniora und baten sie uns zu helfen. Sie begab sich zu uns in die Küche und wollte sich auf einen Stuhl setzten um sich die Sache genauer anzugucken. Doch leider verfehlte sie den Stuhl knapp und wollte sich am Tisch festhalten. Unser Tisch gleicht aber leider einem großen Picknick-Tisch der sehr schnell einklappt, und so riss sie den Tisch mit sich in die Tiefe und auch das was draufstand. Zu allem Unglück ergoss sich die Schale mit der Salatsoße genau über ihrem Kopf. Das alles ging so schnell dass wir alle nur verdutzt glotzen konnten. Ach du heilige Schei** Wir hatten an Weihnachten die Seniora mit Salatsoße überschüttet und sie zu Fall gebracht! Ich hätte es nicht gedacht, aber es war möglich. Sonst hatte ich solche Situationen nur bei Ups die Pannenshow mit erlebt aber jetzt passierte es genau vor meiner Nase! Die absolute Horrorvorstellung war Wirklichkeit geworden! An Weihnachten! Ich schickte alle aus der Küche und machte mich mit der Seniora an die Reparation. Als das geschehen war meinte sie nur lächelnd sie würde jetzt erst mal duschen gehen....Oh mein Gott! 
Als ich den Schock überwunden hatte begann ich endlich mich für den Gottesdienst fertig zu machen. Wir gingen alle zusammen ins Zentrum zur Kathedrale und genossen den etwas anderen Gottesdienst. Nur zwei Details: Es wurde zum Einlaufen von Priester und Gefolgschaft Jingelbells eingespielt und Jesus wurde als Babyborn-Puppe durch die Gegend getragen.
Zurück zu Hause nahmen wir wieder die Vorbereitungen auf und kochten weiter. Um 12 kam es dann zum Hauptgericht. Dieses bestand aus einem Schweinebraten, Rotkohl, Serviettenknödeln, Bohnen und eine Zucciniquiche. Doch das war noch nicht alles denn der Nachtsich ließ nicht lang auf sich warten. Dieser bestand aus einem Obstweihnachtsbaum, einer Mousse Chocolate und selbstgemachtem Glühwein! Es war einfach herrlich! Danach hatten wir noch ein kleines Miniwichtel vorbereitet und saßen bis spät in die Nacht noch zusammen und redeten über alles und die Welt. Es war wirklich gemütlich und ich bin so froh alle meine Freunde bei mir gehabt zu haben. Die Krankenhaus Kollegen hatten uns noch zu einer Party eingeladen aber keiner von uns war auch nur annähernd in der Lage sich zu bewegen, so vollgegessen waren wir. Irgendwann machten sich die anderen auf zu ihren Hotels und auch wir begaben uns ins Bett. Und siehe da! Ich warf einen letzten Blick in die Küche und just in diesem Moment geht mein Handy wieder an. Ganz ehrlich ich konnte nur noch lachen. Glücklich sank ich ins Kissen und viel in einen tiefen Schlaf, leider ohne mir einen Wecker zu stellen was ich am morgen sehr bereuen werden würde. Weinachten war unglaublich schön wenn auch ziemlich chaotisch...
Eure Clara


Morgens im Krankenhaus



























4. Station - Chirurgie

Erstmal - Hallo ich bin wieder da und hoffe es geht euch allen gut! Ich werde jetzt versuchen alles aufzuholen was ihr verpasst habt! 

Die Chirurgie war meine 4. Station im Krankenhaus. Und zuallererst muss ich sagen, dass das Hospital Frances für mich nicht mehr einfach nur ein Krankenhaus ist sondern zu einer Art zweitem zu Hause geworden ist. Ich fühle mich ganz einfach wohl dort. Man kennt es inzwischen in und auswenig, denn besonders riesig ist es ja nicht. Man kennt auch das komplette Personal und hat die in oder andere Freundschaft geschlossen. Morgens begrüßt man das Putzpersonal und schwatzt ein wenig mit den Schwestern, dann macht man sich an die Arbeit mit den Medizinstudenten und wird immer öfter von Patienten freudig wieder erkannt. Man beginnt allmählich ein Gefühl davon zu bekommen was es heißt in einem Krankenhaus zu arbeiten. 
Nun ja ich habe nun auch einen Monat auf der Chirurgie verbracht und folgende Entdeckungen gemacht. Curacion in der Gynäkologie war ja schön und gut aber nichts im Vergleich zu der der Chirurgie. Es wird mit Fachbegriffen um sich geschmissen um zu beschreiben was man alles zu sehen bekommt! Zum einen hatten wir viele Diabetiker deren einfache Verletzungen sich aufgrund nicht ausreichender Pflege stark verschlimmert hatten. Nekrotisierende Fasziitis habe ich wirklich jeden Tag mindestens 3 mal gehört. Es gab auch sehr viele alte Menschen, die aufgrund von Unbeweglichkeit Druckstellen erlitten hatten. 
Dann gab es natürlich auch noch, wie man sich bei der von mir schon erwähnten Verkehrstechnik der Bolivianer schon denken kann, ziemlich viele Patienten, die aufgrund von Autounfällen und Motorradcrashs leider ein wenig zerstückelt wurden. Frakturen aller Art bekam ich also ebenfalls zu Gesicht und Schürfwunden bis zum Umfallen. Hier in Bolivien wimmelt es außerdem auch nur so von Barracas. Das sind kleine Schreinereinen und Werkstätten in denen alles mögliche verarbeitet wird von Holz zu Metall bis zu Stein. Wir haben die große Ehre neben einer Holz-Barraca zu wohnen und jeden Morgen von deren heißgeliebter Säge geweckt zu werden. Und das nicht nur unter der Woche, sondern auch am Samstagmorgen und ganz selten wenn wir Glück haben auch Sonntags! Ja das ist absolut herrlich, denn man hat einfach gar keine Gelegenheit lange zu schlafen, denn die Säge hat die beeindruckende Eigenschaft einen noch so tiefen Schläfer aus seinen Träumen zu erwecken. Früher Vogel fängt den Wurm und so....
Nun ja diese Sägen sägen leider nicht nur durch Holz und Metall sondern auch gerne mal durch das Fleisch ihrer Besitzer. Also hatten wir auch hin und wieder die ein oder andere Hand die angenäht werden musste, öfter jedoch Finger und Fingerkuppen. 
Die Patienten auf der Chirurgie waren aber dennoch meine Lieblingspatienten, denn manche von ihnen lagen schon seid Monaten dort und waren mir stetige Begleiter mit denen ich mich auch gerne unterhielt. Sie waren alle ganz schön locker drauf und man hatte immer wieder Spaß mit ihnen. Es gab nur 6er Zimmer, also war ständig Chaos am Mann. 
Was meine Aufgaben anging ist folgendes zu nennen: Morgens stand als erstes die Medikamentausgabe an. Ich half einer Schwester dabei und verteilte alle Arten von Medis an Patienten. Meist nur Tabletten zum Schlucken oder intravenös und nachdem ich anfangs ein bisschen scheiterte die Medikamente überhaupt in die Spritze zu bekommen, griff mir die Schwester ein bisschen unter die Arme. Nach einiger Zeit hatte ich es dann echt raus und verpasste jedem Patienten im Sauseschritt seine Medikamente. Danach war die Visite dran und alle Patienten wurden vorgestellt und begutachtet. Danach die Wunderversorgung sämtlicher Patienten und dann schon wieder Medikamentausgabe. Zwischendurch mussten Patienten verlegt, zum Ultraschall oder Röntgen gebracht werden und Papierkram erledigt werden. Was mir hier aufgefallen ist, ist dass wenn ein Patient keine Familienangehörigen hat, er ziemlich aufgeschmissen ist. Wenn er nicht selbst los gehen kann um die Medikamente zu kaufen die er braucht, dann macht das auch sonst keiner. Braucht er Hilfe um aufs Klo zu gehen oder seine Kleider zu wechseln, dann machen das auch meist nur die Familienangehörigen. 
Und das war's auch schon. Die Zeit auf der Chirurgie war ziemlich gut und ich habe eine ganze Menge gelernt. Die Arbeit direkt am Patienten ist einfach beeindruckend und macht mir unglaublich Spaß! Man bekommt alles viel besser mit und kann manche Krankheiten aus nähchster Nähe betrachten!