Dienstag, 9. September 2014

Quirofano - Meine erste Station

Hier bin ich wieder. Es tut mir leid, dass ich mich so lang nicht mehr gemeldet habe. Aber man geht hier so langsam in den Alltag über und so oft komme ich leider nicht ins Internetcafe. Kurzer Informationsschwung: meine WG ist endlich vollständig!!! Endlich mal Leben in der Hütte! Wir arbeiten alle schon auf unterschiedlichen Stationen und finden uns so langsam in Santa Cruz zurecht. Letztes Wochenende waren Freiwillige aus Camiri bei uns um zwei Geburtstage zu feiern und wir waren schon bei den Lomas de Arena, Sanddünen, welche sich kurz vor Santa Cruz befinden. Diese beiden Ereignisse werde ich jedoch erst im nächsten Block schildern ;) Kommen wir zum Hauptthema warum ich überhaupt hier bin!
Meine Arbeit!
Ich habe vor 3 Wochen angefangen zu arbeiten, und als erste Station hatte ich den Quirofano. Das ist der OP-Saal des Krankenhauses. Es gibt 3 Stück und sie werden für jede Art von Operation verwendet. Aber ich greife schon wieder vor. Unseren ersten Arbeitstag könnte man so beschreiben: Vicy und ich machten uns pünktlich um 7 auf den weg und nahmen auch direkt die richtige Micro. Eine viertel Stunde zu früh standen wir vor dem Jefatura de Enfermeras. (Übersetzt: Chefin der Krankenschwestern) Wie zu erwarten war noch niemand da. Also warteten wir. Um 8 kam die Sekretärin und bat uns Platz zu nehmen. Nach einer Stunde erkundeten wir uns höflich wo denn die Licenciada bliebe (Chef des Ladens). Nach einer weiteren Stunde fragten wir ob sie heute überhaupt noch kommen würde. Und nach einer weiteren haben Stunde kam sie dann tatsächlich. Nach 5  Minuten kurzen Vorstellens und Einteilung verschwand sie auch schon wieder durch die Tür. 
Die Station zeigte uns freundlicherweise die Sekretärin. 
Wir zogen uns um und wurden in den OP-Bereich gelassen. Dieser ist folgendermaßen aufgebaut: Man betritt einen Umkleidebereich, durchquert diesen und kommt in eine Art Wohnzimmer mit Fernseher und Küche. Bevor man diesen betritt muss man sich Schutzschuhe anziehen. Diese gleichen Moonboots und sind sehr rutschig!!! 
Hat man das Wohnzimmer durchquert kommt man in einen offenen Bereich wo 3 OP-Säle von abgehen, ein Aufwachraum und ein Sterilisationsraum. Die OP-Säle sind für bolivianische Standards sehr gut ausgestattet und hygienisch. Der Sterilisationsraum ist für das Verpacken von Verbänden, Mullbinden und Fäden und für das anschließende Sterilisieren. Wir fingen also an Verbände zu falten und einzuschweißen. Es war eine ziemlich mühselige Arbeit und nicht besonders spannend. Doch bei der Gelegenheit hatten wir Zeit uns ein bisschen mit den Mitarbeiten bekannt zu machen und uns den Quirofano genauer anzuschauen. Und dann kamen auch schon die Operationen. 
In diesem Krankenhaus machen die Ärzte hier mit Abstand am meisten Kaiserschnitte. Ich habe das Gefühl in diesem Krankenhaus sind nur Schwangere oder Frauen mit Kindern. Uns wurde erzählt, dass die jüngste Schwangere 11 Jahre alt war und eine 16 Jährige schon 2 Fehlgeburten gehabt habe und eine richtige. In dieser Richtung gibt es in Bolivien nur Extreme. Was wir noch gesehen haben war eine gebrochene Hüfte, mehrere Tumore, Hysterektomien (Entfernung der Gebärmutter), gebrochene Arme und Beine und eine Hand die leider in einem Schredder gelandet war. 
All das durften wir beobachten und manchen Sachen anreichen. Das Problem ist hier eindeutig die Sprache, denn die kompletten Krankenhaus-Vokabeln müssen noch gelernt werden. So rannte ich auch ein mal hektisch aus dem OP um einen neuen Kittel zu holen und wurde später ausgelacht, da der Kittel direkt im OP vor meiner Nase lag. Die Ärzte sind hier wirklich sehr nett und auch die meisten Krankenschwestern. Das Schlüsselwort ist hier Eigeninitiative! Wenn man nichts fragt oder sagt, dann wird man in der Ecke abgestellt. Fragen wie: "Kann ich dir helfen?", oder "Wieso machst du das?", "Warum macht man das so und nicht so?" sind das erste was ich hier auswendig gelernt habe. 
Im OP waren wir insgesamt 2 Wochen und durften mit der Zeit immer mehr machen. Bei Kaiserschnitten kam ich immer mit wenn man das Kind geholt hatte und half es zu versorgen, zu messen und zu wiegen. Irgendwann durfte ich sogar ein Neugeborenes halten. Das war unbeschreiblich schön! Mit seinen kleinen niedlichen Augen die fast schwarz schienen und mit der schon gewaltigen Masse an Haaren auf seinem kleinen Kopf guckte mich der kleine neugierig an. Ich hätte Jahre so stehen bleiben können. Leider gibt es nicht immer nur schöne Erfahrungen im OP. Ein Neugeborenes hatte Fruchtwasser im Magen, welches abgesaugt werden musste und auch eine Totgeburt gab es. Doch die Mitarbeiter nahmen nur kurz Anteil und gingen direkt wieder in den Alltag über. Das muss man hier vermutlich auch, denn so viele Geburten wie es hier gibt muss man schnell wieder zur Routine zurückkehren. Was wir nicht gemacht haben war Patienten vom OP-Saal zur Abhol-Stelle zu begleiten und verschiedene Medikamente sortieren.
Insgesamt war meine Zeit im OP-Saal sehr schön und ich hab es sehr genossen. Man hat viel gelernt und ich denke wenn mein Spanisch besser ist schau ich nochmal vorbei. Die Mitarbeiter waren sehr lieb und haben einem gerne alles erklärt, auch wenn die Frage noch so schlicht war. So wurde ich nach meiner kleinen Mantelpanne auch nochmal im OP herum geführt um mir zu merken was wo liegt. 
Was mich immer noch überrascht und auch ein wenig schockt ist, dass sich die Patienten hier Verbände, Infusionen und Spritzen selber kaufen müssen. Jeder Patient kommt mit einer Plastiktüte von der Apotheke zum OP. Die wird dem Arzt übergeben und dieser kümmert sich um den Rest. Wenn die Infusionen nicht reichen werden Verwandte zur Apotheke geschickt um neue zu kaufen. Ein ehemaliger Freiwilliger erzählte uns von einem Mann aus der Notaufnahme, der sich seine Hand halb abgehackt hatte. Ich möchte hier nicht näher ins Detail gehen aber sie war wirklich fast ab. Die Ärztin in der Notaufnahme hatte aber keine andere Wahl als den Mann zur Apotheke zu schicken um Verbandsmaterial zu kaufen. 
Auf solcher Erfahrungen bin ich schon gespannt...meine Zeit im Quirofano ist vorbei, denn ich wechsle jeden Monat die Station. Ich arbeite nun einen Monat im Labor und die erste Woche war schon mal unbeschreiblich gut! 
Ich berichte bald mehr!
Was ich noch zum gesamten Krankenhaus sagen kann: Für bolivianische Standards ist das Krankenhaus wirklich sehr groß und wirklich gut ausgestattet. Wie überall in Bolivien ist das Arbeitstempo etwas, naja sagen wir gelassener und 10 Minuten können dann auch mal zu 2 bolivianischen Stunden werden. Die Mitarbeiter sind wirklich sehr lieb und helfen einem wo sie können, die meisten zumindest. Es gibt natürlich hier und da mal wieder welche die es nicht so mit deutschen Freiwilligen haben und denen auch die Motivation zum Erklären fehlt. Doch davon darf man sich nicht unterkriegen lassen! Ich freue mich auf die weitere Zeit im Sant. Frances und bald kriegt ihr einen Bericht von meiner Zeit im Labor die sich als wirklich wirklich sehr gut herausstellt! 

Ich hoffe es geht euch allen gut!

Eure Clara

Hüftoperation

Das OP-Team

Operation am offenen Bauch

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Sterilisationsraum






offener Raum von dem man in die OPs kommt

OP 2

OP 1

Der Medikamentenschrank

OP 3

Aufwachraum

"Brutkasten"

"Wohnzimmer" oder Eingangsbereich

Das Krankenhaus